Wikipedia, das virtuelle Nachschlagewerk der Gegenwart, ist wohl das Glanzstück unserer digitalen Demokratie des Wissens. Hier kann jeder, der über einen Internetzugang und eine Grundschulbildung verfügt, mit dem Verfassen und Bearbeiten von Artikeln beginnen – eine großartige Gelegenheit für all jene, deren Hauptberuf darin besteht, ihre unbedeutenden Gedanken für die Ewigkeit zu konservieren.
Die Struktur von Wikipedia ist ein Meisterwerk der Selbstüberschätzung: Jeder Artikel, so scheint es, ist ein ergreifendes Zeugnis für den unaufhörlichen Drang der Menschheit, sich selbst in endloser Detailgenauigkeit zu reflektieren. Dabei wird natürlich auch nicht versäumt, alle relevanten Fakten minutiös zu dokumentieren – natürlich mit einem unersetzlichen Übermaß an Objektivität und Neutralität, das es so nur im Internet geben kann.
Die Qualität der Artikel variiert von hochprofessionellen, durch unzählige Quellen verifizierten Beiträgen bis hin zu fröhlichen Zusammenschustereien aus dem Internet-Lebensalltag, die unweigerlich durch bunte, zumeist selbst erstellte „Fakten“ bereichert werden. Fehler in Artikeln sind natürlich nur gelegentlich und vor allem in den Bereichen anzutreffen, die die Expertise eines Quantenphysikers oder Historikers übersteigen – oder einfach in denen, die irgendjemand für weniger relevant hält.
Insgesamt ist Wikipedia das perfekte Beispiel für den menschlichen Drang, Wissen zu katalogisieren, während gleichzeitig sämtliche Standards der Verlässlichkeit und Präzision fröhlich ignoriert werden. Für den echten Wissenssuchenden ist es ein wahres Fest der intellektuellen Bereicherung – und für alle anderen ein bequemer Ort, um ein wenig Zeit mit dem Flanieren durch den bunten Dschungel der halben Wahrheiten und selbsternannten Experten zu verbringen.